Fokus-Thema:
BREXIT – Schrecken ohne Ende?

Ursprünglich sollte Großbritannien Ende März aus der EU austreten – soweit der Plan. Nun wurde der Austritt ein weiteres Mal verschoben – vielleicht nicht zum letzten Mal. Stefan Amenda, Leiter Multi Asset der MEAG, über die Wahrscheinlichkeit eines „No Deals“. Und was passieren müsste, damit die Briten doch noch in der EU bleiben.

Herr Amenda, wir alle haben auf den 12. April geschaut und auf eine Wendung zum Guten gehofft. Stattdessen gab es erneut einen Aufschub. Sind die professionellen Beobachter zu naiv wenn Sie glauben, dass sich am Ende die Einsicht schon durchsetzen wird? Ein „No Deal“ kann schließlich keine vernünftige Alternative sein.

Amenda: Premierministerin May hat von Abstimmung zu Abstimmung versucht, den Druck zu erhöhen. Sie hatte die Hoffnung, dass eine Mehrheit ihrem ausgehandelten Kompromiss folgen wird. Das ist nicht passiert. Ganz offensichtlich glauben die meisten Parlamentarier, dass eine Zustimmung ihnen mehr schaden würde als eine Vertagung der Entscheidung.

Wie könnte die Premierministerien noch eine Entscheidung zu ihren Gunsten herbeiführen?

Die Möglichkeiten dafür sind sehr limitiert. Die EU dürfte zu keinen weiteren substanziellen Zugeständnissen bereit sein. Höchstens zu marginalen Lockerungen der Vertragsbedingungen, die als weniger schmerzhaft empfunden werden. Aber ein Durchbruch ist kaum in Sicht. Dagegen erschien ein weiterer Aufschub vergleichsweise attraktiv. Auch in der EU haben wir dieses berühmte „Durchwurschteln“ bereits häufiger erlebt. Zum Beispiel bei der Lösung der griechischen oder der italienischen Schuldenprobleme: die „lange Bank“ hat sich als politisch attraktive Option bewährt.


Ist die Wahrscheinlichkeit eines „No Deals“ gestiegen?

Der „No Deal“ ist die Rückfalllösung: Können sich die Parteien nicht vor Fristende einigen, tritt automatisch der „No Deal“ ein. Dies würde allerdings nur bei einem Unfall geschehen. Schließlich will keine der Parteien einen ungeregelten Austritt. Allerdings ist die Lage paradox: Ein Unfall wird umso wahrscheinlicher, je weniger die Parteien ihn für möglich halten. Insofern bleibt zu hoffen, dass die Angst vor einem Unfall hoch bleibt. Außerdem ist es wichtig, dass eine Bevölkerungsmehrheit glaubt, dass ein „No Deal“ ins Verderben führen würde. Dann lässt sich ein Aufschub nämlich leichter als Erfolg verkaufen – trotz potenziell unangenehmer Folgen.
 

Niemand will ein Ende mit Schrecken – also einen Trennung von der EU mit spürbar negativen Konsequenzen für die Wähler.

Stefan Amenda, Leiter Multi-Asset

Wie lange wird das Geziehe und Gezerre noch weitergehen?

Das ist schwer zu sagen. Der Prozess kann sich noch eine ganze Weile hinziehen – oder sich in einer neuen Situation auflösen. Der aktuelle Stand ist die sogenannte „flexible Extension“: ein flexibler Aufschub bis zum 31. Oktober.


Was bedeutet dieser flexible Aufschub?

Der „No Deal“-Austritt zum 12. April wurde erst einmal verhindert. Jetzt gibt es mehrere Möglichkeiten. Wenn bis zum 31. Oktober eine Einigung steht, kann Großbritannien jederzeit zum 1. des Folgemonats aus der EU austreten – eigentlich. Entscheidend ist der Termin der Europawahl Ende Mai. Wenn Großbritannien bis zum 22.Mai kein Austrittsabkommen ratifiziert hat, müssen die Briten an der Europawahl teilnehmen. Sollten die Briten darauf verzichten, folgt das sogenannte „Cliff Edge“ zum 1. Juni. Bildlich gesprochen würde Großbritannien dann „von der Klippe abrutschen“ und wir hätten doch den von vielen gefürchteten „No Deal Brexit“. Bei einer Teilnahme an der Europawahl bleiben alle Möglichkeiten offen – von einem geordneten Austritt zum 1. Juli bis zu einer Verlängerung der Verlängerung. Wie gesagt: Es ist nicht unüblich in der EU, Probleme auf die lange Bank zu schieben. Für die Schuldenprobleme in Griechenland oder Italien gibt es bis heute keine Lösung.

 

 

Und am Ende bleibt Großbritannien in der EU?

Unwahrscheinlich, aber nicht ausgeschlossen. Niemand will ein Ende mit Schrecken – also einen Trennung von der EU mit spürbar negativen Konsequenzen für die Wähler. In der subjektiven Wahrnehmung der Bevölkerung und auch der Politiker kann sich der Brexit ein Stück weit in Wohlgefallen auflösen. Dies wird vor allem dann der Fall sein, wenn sich ein anderes Problem nach vorne drängt, das als noch dramatischer empfunden wird.

 

 

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