Die Zuversicht überwiegt

„Die Zuversicht überwiegt“

Das Jahr 2022 wird in vielen Teilen der Welt maßgeblich von der weiteren Entwicklung der Inflation geprägt werden.
Auch die Pandemie wird uns 2022 weiterhin beschäftigen. Für die Kapitalmärkte überwiegt für das neue Jahr dennoch die Zuversicht!

Nach einem unerwartet hohen Preisauftrieb im Herbst 2021 steht bei diesem Jahresausblick vor allem eines im Vordergrund:
Wie wird sich die Inflation weiterentwickeln? Werden die aktuell hohen Teuerungsraten auf dem gegenwärtigen Niveau verharren, vielleicht sogar weiter steigen oder wieder langsam zurückgehen?

Die Antwort hierauf hängt unter anderem von den anstehenden Lohn- und Gehaltsverhandlungen ab. Der im vergangenen Jahr erzielte Abschluss im öffentlichen Dienst ist moderat ausgefallen. Von dieser Seite können wir also Entwarnung geben, zumindest für Deutschland und für die Monate, die vor uns liegen.

Höhere Zinsen in USA absehbar

Über allem steht also die bange Frage, wie sich die Inflation entwickeln wird und wie die Notenbanken darauf reagieren werden.
In Europa würde eine länger anhaltende als zu hoch empfundene Inflationsrate die Europäische Zentralbank (EZB) zwingen, ihre geldpolitischen Zügel zu straffen. Sie müsste Anleihekäufe zurückfahren und letztlich auch die Zinsen früher oder später erhöhen. In den USA ist diese Diskussion bereits in vollem Gange.
 

EZB zögerlich bei gelpolitischer Wende

Die EZB hingehen steht vor einem schwierigen Balanceakt: Einige europäische Länder sind hochverschuldet. Nur dank des niedrigen Zinsniveaus gelingt es ihnen, öffentliche Schulden allmählich rückzuführen und die wirtschaftliche Erholung voranzutreiben. Höhere Zinsen dürften diesen ohnehin schwierigen Prozess empfindlich stören. Vor diesem Hintergrund ist nicht auszuschließen, dass die Zentralbank eine höhere Inflation für einen gewissen Zeitraum akzeptiert und auf Zinsanhebungen vorerst verzichten wird.

Langfristig globale Neuordnung

Gleichzeitig erwarten wir als langfristige Folge der Pandemie, dass die Vernetzung der globalen Wirtschaft und die damit verbundenen ökonomischen Gewinne insgesamt betrachtet abnehmen dürften. Unternehmen werden künftig räumlich näher ansässige, zuverlässigere Lieferanten den günstigeren, aber weiter entfernt gelegenen eher vorziehen als in der Vergangenheit – selbst zu einem möglicherweise höheren Preis. Folglich wird sich die Effizienz der internationalen Arbeitsteilung verschlechtern, was wiederum die Inflation anheizt. Weitere Preistreiber dürften eine stärkere Besteuerung bzw. eine restriktivere Begrenzung klimaschädlicher Emissionen sein. Es gibt also einige gute Gründe, weshalb die Inflation noch für eine Weile Thema an den Kapitalmärkten bleiben dürfte.

Rückläufige Inflationsrate in Europa

Es gibt jedoch auch einige Gründe, die für eine langsam rückläufige Inflationsrate in Europa sprechen. So haben viele Länder versucht, dem pandemiebedingten wirtschaftlichen Einbruch mit zusätzlicher staatlicher Nachfrage zu begegnen. Die teils üppigen staatlichen Ausgabenprogramme trafen auf ein Angebot, welches sich nicht in gleichem Tempo ausweiten konnte. Das lag unter anderem an den internationalen Lieferengpässen. Es ist zu erwarten, dass sich diese Engpässe sukzessive auflösen werden und damit der allgemeine Preisdruck nachlassen sollte.
 

Höhere Zinslast für in US-Dollar notierte Anleihen

In den USA muss die Notenbank, anders als die EZB in Europa, keine Rücksicht auf Länder mit hoher Schuldenlast nehmen.
Jerome Powell, Chef der US-amerikanischen Notenbank, hat bereits anklingen lassen, dass die FED ihre Anleihekäufe schneller als erwartet drosseln wird. In der Vergangenheit hatten von den USA ausgehende Zinssteigerungen häufig nachteilige Auswirkungen auf die Performance von Anleihen aus Schwellenländern. Dies lässt sich unter anderem mit der erhöhten Zinslast für Anleihen in US-Dollar erklären.
Einige Schwellenländer haben diesen für sie ungünstigen Wirkmechanismus jedoch durchbrochen. Sie haben sogar eine deutlich geringere Schuldenquote sowie ein strukturell höheres Wachstum als manche Länder der EU-Peripherie. Aufgrund ihrer neu gewonnenen haushaltspolitischen Solidität führen einige Schwellenländer souverän ihren öffentlichen Haushalt und verschulden sich vorzugsweise in ihrer eigenen Währung.
 

Aktien – auch 2022 Mittel der Wahl

Mit Blick auf Geldmenge und Inflation bleiben auch in diesem Jahr für viele langfristig orientierte Anleger Aktien das Mittel der Wahl. Für Unternehmen ist eine etwas höhere Inflation kein ungünstiges Szenario – solange sie nicht aus dem Ruder läuft.
Bei leicht steigendem Preisniveau können sie ihre Preispolitik neu justieren, wodurch sich die meist nominale Schuldenlast quasi automatisch reduziert. Deswegen bieten Aktien auch einen gewissen Inflationsschutz.

Mit Blick auf den weiten Geldmantel und diverse Inflationstreiber bleiben auch in diesem Jahr für viele Anleger Aktien das Mittel der Wahl.

Stefan Amenda, Leiter Multi Asset

Sichere Anleihen – Stabilität fürs Portfolio

Sichere Anleihen werden aus gemischten Portfolien auch weiterhin nicht wegzudenken sein. Denn selbst bei leicht steigenden, aber historisch betrachtet immer noch niedrigen Zinsen sorgen sie für relative Stabilität. Schwellenländeranleihen sollten bei einer strikt qualitätsorientierten Selektion ihre Vorteile gegenüber Anleihen höher verschuldeter Industrieländer ausspielen.
Das Potential bei Unternehmensanleihen hingegen dürfte angesichts der zuletzt positiven Entwicklung begrenzt bleiben.
Mit Blick auf die Dividendenrendite erscheinen Aktien weiterhin als eine attraktive Alternative.
 

Pandemie – Ende nicht absehbar

Über allem aber schwebt die Pandemie. Dass Omikron die letzte Virusvariante sein wird, ist unwahrscheinlich. Selbst Experten können weder weitere Mutationen ausschließen noch verlässliche Prognosen dazu abgeben, wie schnell sich diese ausbreiten werden. Fakt ist: Ein großer Anteil der Weltbevölkerung ist nicht ausreichend geimpft. Dort kann sich die Pandemie beinahe ungebremst verbreiten.

Bislang hat die Politik – trotz aller Kritik an einigen Maßnahmen – die wirtschaftlichen Folgen der Pandemie gut gemanagt. Überdies werden alle Möglichkeiten ausgeschöpft, weitere, angepasste Impfstoffe zu entwickeln und zu produzieren.
Alles in allem sind wir daher zuversichtlich für die weitere Entwicklung an den für Privatanleger relevanten Kapitalmärkten.


In diesem Sinne wünsche ich Ihnen alles Gute für das neue Jahr 2022 und: Bleiben Sie gesund!

Ihr Stefan Amenda