Die drei Ds – und wie sie die Inflation beeinflussen

Deglobalisierung, Demografie und Dekarbonisierung – diese drei großen Themen sorgen für hohe Inflationsraten und bestimmen zunehmend die wirtschaftliche Entwicklung. Stefan Amenda, Head of Equity & Multi Asset, erklärt die Zusammenhänge.

Herr Amenda, wie hängen Inflation und Deglobalisierung zusammen?

Die Jahrzehnte hohen Wirtschaftswachstums haben wir im Wesentlichen der Globalisierung zu verdanken. Die Produktion wurde zunehmend in Länder verlagert, in denen selbst unter Berücksichtigung von Transportkosten günstiger produziert werden konnte. Das ging in den vergangenen 70, 80 Jahren gut. Künftig werden die Sicherung von Lieferketten sowie die Produktion in der Heimat oder heimatnäheren Ländern eine größere Rolle spielen. Die Deglobalisierung führt zu einer Verteuerung, und zwar vermutlich über einen längeren Zeitraum, bis die Anpassung geschafft ist. Produktionsverlagerungen brauchen Zeit.

Bedeutet Deglobalisierung dann auch: mehr regional produzierte Güter, weniger umweltschädliche Transporte?

Bei der Deglobalisierung wird nicht die gesamte Wertschöpfung zurückverlagert, sondern eher die letzten Stufen. Viele Rohstoffe und Vorprodukte werden weiterhin aus weit entfernten Ländern kommen, weil sie im Inland schlicht nicht verfügbar sind. Eine großzügigere Vorratshaltung zur Pufferung potenzieller Lieferstörungen ist sehr naheliegend. Auch dies ist ein Kostentreiber.

Neben dem neueren Thema Deglobalisierung rückt ein altbekanntes zunehmend in den Fokus: die demografische Entwicklung. Die geburtenstarken Jahrgänge Mitte der 60er-Jahre, die sogenannten Baby-Boomer, gehen in Rente. Nach den Baby-Boomern kam der „Pillenknick“. Dem Arbeitsmarkt fehlen diese Arbeitskräfte jetzt. Zum Teil haben die Unternehmen hier vorgesorgt. Durch die Deglobalisierung haben sich jedoch Knappheiten herausgebildet, die sich nicht so schnell auflösen lassen.

Die Demografie als weiterer Inflationstreiber?

Die Vergütung für stark nachgefragte Arbeit zieht an, aber der Markt ist leergefegt. Es braucht auch hier viel Zeit, bis das Angebot an qualifizierten Fachkräften nachwächst oder entsprechend der Unternehmensnachfrage bereitsteht.
Und schließlich schlägt die Dekarbonisierung auf die Kosten. „Grüner“ Strom ist teuer. Immer wenn eine Umstellung besonders schnell erfolgen soll, wird es meistens sehr teuer. Bei der Dekarbonisierung brauchen wir noch Fortschritte in der Technologie, zum Beispiel um Wasserstoff großflächig als Energieträger nutzen zu können. Die Transformation der Energiewirtschaft hat zudem eine besondere Bedeutung.

Was ist hier anders?

Wir können nur sehr schlecht mit einer temporären Verknappung leben. Einige fehlende IT-Fachkräfte oder Handwerker – das lässt sich steuern. Aber ohne Energie gehen buchstäblich die Lichter aus. Zu den hohen Stromkosten kommt aktuell hinzu, dass ausgerechnet der klassische fossile Energieträger Gas besonders teuer ist.

Investitionen in Automatisierung, Robotertechnik sowie künstliche Intelligenz macht die Gewinner der Zeitenwende aus.

Stefan Amenda, Leiter Equity & Multi Asset

Welche Chancen sehen Sie bei solchen Konstellationen für Anleger?

Wir werden Zeuge, wie Disruptionen zu Knappheiten und Preissprüngen führen. Davon profitieren Unternehmen, die hier liefern oder bei erhöhten Preisen ihr Angebot ausweiten können. Auch die technologische Entwicklung zur Bewältigung der Zeitenwende ist ein ganz wichtiger Treiber.

Wie können Unternehmen von der Zeitenwende profitieren?

Investitionen in Automatisierung, Robotertechnik sowie künstliche Intelligenz macht die Gewinner der Zeitenwende aus. Es bestehen gute Chancen, dass Unternehmen auch längerfristig von hohen und stabilen Margen profitieren. Wir beschäftigen uns sehr intensiv mit diesen Gewinnern. Anleger sollten hier genau hinsehen.