Durch stürmische Zeiten steuern

Durch stürmische Zeiten steuern Das Jahr 2022 ist ein bewegtes Jahr. Die anhaltend angespannte Lage in der Welt macht sich auch an den Kapitalmärkten bemerkbar. Stürmische Zeiten wirbeln selbst den als sicher geltenden Hafen der Anleihenmärkte auf. Wie finden Fondmanager in diesem herausfordernden Umfeld ausreichend ruhiges Fahrwasser, durch das sie ihre Portfolios navigieren können? Stefan Amenda, Leiter Aktien und Multi Asset der MEAG, gibt Antworten.

Wie gelingt es einem Fondsmanager, die ihm anvertrauten Portfolios durch diese bewegten Zeiten zu steuern?

Grundsätzlich sind wir für alle Zeiten gewappnet. Ganz grob lässt sich die Vorgehensweise des Fondsmanagements in zwei unterschiedliche Investmentkonzepte, „Relative Return“ und „Absolute Return“, zusammenfassen. Mit Absolute-Return- Konzepten verfolgen Fondsmanager das Ziel, vom Markt unabhängige, möglichst positive Erträge zu erwirtschaften. Mit der Zielvorgabe „Relative Return“ hingegen steuern Fondsmanager Portfolios nach einem Index und streben danach, besser als dieser abzuschneiden. Dabei ähnelt die Volatilität des Fonds der Schwankungsbreite des Indexes, nach dem ein Fondsmanager das Portfolio steuert.

Der entsprechende Index selbst gibt also den Kurs vor?

Indizes mit vergleichsweise konservativen Titeln schwanken weniger, andere mehr. Unsere Fondspalette für den privaten Anleger ist so ausgerichtet, dass Investmentfonds für den konservativen Anleger entsprechend mit einem konservativen Index hinterlegt sind. Auf die Abweichung vom Index, den sogenannten Tracking Error, hat der Fondsmanager stets ein wachsames Auge. Da es sich bei den MEAG Fonds um aktiv gemanagte Fonds handelt, kann das Portfolio allerdings wesentlich und langfristig – positiv oder negativ – vom Vergleichsindex abweichen.

Hat ein Fondsmanager in den aktuell volatilen Märkten erhöhten Anpassungsbedarf?

Ja, besonders in schwankungsintensiven Zeiten muss der Portfoliomanager sich schnell an die verändernden Bedingungen anpassen und konsequent handeln. Dabei gibt es eine Vielzahl von Kennzahlen, nach denen er sein Portfolio steuert. Das ist ähnlich wie im Cockpit eines Flugzeugs. Wie der Pilot muss der Fondsmanager alle potenziellen Einflussfaktoren im Auge haben und sich mit den wechselnden Wetterbedingungen auseinandersetzen: mit Gegen-, Rücken- und Seitenwind. Aber anders als der Pilot hat der Fondsmanager nicht nur Höhen- und Seitenruder und die Schubkraft zur Verfügung.

Womit kann er den Investmentfonds auf Kurs zu halten?

Dem Fondsmanager steht ein breites Anlageuniversum zur Verfügung, aus dem er auswählen kann. So können sichere Staatsanleihen ihm dabei helfen, Risiken herauszunehmen. Mit höherverzinslichen Unternehmensanleihen oder Anleihen von aufstrebenden Schwellenländern kann er Risiken akzentuieren, um zusätzliche Erträge für den Anleger zu erwirtschaften. Fondsmanager, die mit Überzeugung investieren (high conviction), halten an ihren Positionen fest und ihr Portfolio auf Kurs – auch in volatilen Zeiten. Besonders herausfordernd sind Zeiten, die keine eindeutige Richtung vorgeben, weshalb der Fondsmanager wenig Grund zu einer festen Überzeugung (low conviction) hat. Er wird dann in der Regel nah an seinem Index bleiben.

Die Notenbanken müssen die Zinsen weiter anheben, und meiner Ansicht nach werden sie das auch.

Stefan Amenda, Leiter Equity & Multi Asset

Wie verhält es sich mit der Inflation? Wird sie weiter steigen und damit die Notenbanken zu weiteren Zinsschritten veranlassen, oder haben wir den Höhepunkt schon erreicht?

Zunächst zur Inflation. Ich denke schon, dass die Inflation, wenn wir vom Lebenshaltungskostenindex in Deutschland reden, einen Höhepunkt – ich würde eher von einem Plateau sprechen – erreicht hat. Wenn wir zum Beispiel nach Osteuropa sehen, ist die Inflation noch einmal deutlich höher. Die Notenbanken müssen die Zinsen weiter anheben, und meiner Ansicht nach werden sie das auch. Vor allem die US-Notenbank FED hat deutlich gemacht, dass man dafür auch in den sauren Apfel der Rezession beißen muss. In Europa tut man sich schwer, eine notwendige Rezession in Kauf zu nehmen, um den Inflationsdruck zu brechen. Davon mag hier niemand sprechen.

Werden wir von der Europäischen Zentralbank (EZB) weitere Zinsschritte sehen?

Es ist weniger die Frage, ob es weitere Zinsschritte geben wird – davon gehen wir aus –, sondern ob es weitere über die bereits erwarteten Zinsschritte geben wird. Das ist die entscheidende Frage! Und ob sich das Wachstumstempo der Wirtschaft anpasst, hinreichend verlangsamt bzw. sogar eine Rezession vorherrscht, die den Inflationsdruck abmildern könnte.

Was bedeutet das für den Anleger?

Unter dem Strich ist es so, dass wir heute bei sicheren Bundesanleihen über längere Laufzeiten von fünf bis zehn Jahren wieder Zinsen von um die zwei Prozent haben. Daran war lange Zeit überhaupt nicht zu denken. Das ist eine Normalisierung, auf die wir lange gewartet haben und die auf die lange Sicht positiv zu sehen ist. Für Anleger und Sparer sind positive Zinsen ein erfreuliches Signal, um auch am Rentenmarkt renditeträchtige Anlagemöglichkeiten zu haben.