Zinsen und Inflation: Es bleibt spannend

Die Inflation ist weiterhin zu hoch. Die Europäische Zentralbank (EZB) sollte daher ihren restriktiveren Kurs weiter fortsetzen. Die gestiegenen Zinsen könnten aber auch zu systemrelevanten Verwerfungen führen und die EZB zu expansiven Maßnahmen nötigen. Was das für die Märkte bedeutet, erklärt Stefan Amenda, Leiter Aktien und Multi Asset.

Herr Amenda, rechnen Sie mit weiteren Zinserhöhungen der EZB?

Wir gehen fest davon aus, dass sie an ihrem Kurs festhalten muss. Schon allein das Signal, dies nicht zu tun, würde bedeuten, dass die Tarifparteien auf höhere Abschlüsse zusteuern und sich die Inflation weiter festsetzt, wenn nicht sogar verstärkt. Unternehmen würden dies auch in ihrer Kostenkalkulation und Preisgestaltung berücksichtigen – mit entsprechenden Folgen für die Inflation.

Mit Blick auf die Unternehmensseite und mögliche Zinsbelastungen: Muss die EZB etwas vorsichtiger agieren?

Die Unternehmen haben sich in der langen Niedrigzinsphase nach der Finanzkrise 2008/2009 an sehr niedrige Zinsen gewöhnt. Nicht alle Aktivitäten werden sich mit den jetzt höheren Zinsen profitabel weiter betreiben lassen. Manche Investitionsvorhaben werden aufgrund der höheren Zinsen nicht realisiert.

Wie reagieren Sie im Fondsmanagement auf diese Entwicklung?

Für uns im Portfoliomanagement ist es keine ungewöhnliche Situation, dass Änderungen im wirtschaftlichen Umfeld Anpassungsreaktionen erfordern und sich manche Unternehmen nur teilweise auf veränderte Bedingungen einstellen können. Auch die Digitalisierung, der Fachkräftemangel oder das sogenannte New Work verlangen einen proaktiven Umgang, um weiter erfolgreich zu bleiben. Wir beobachten das sehr genau und begleiten die Entwicklung eng.

Wie sieht diese „enge“ Begleitung aus?

Für jede relevante Branche haben wir spezialisierte Analysten. Für eine Anlage in aussichtsreichen Unternehmen beschäftigen sich unsere Experten im Credit Research eingehend mit der jeweiligen Bonität. Das ist sehr wichtig im Portfoliomanagement, um ermessen zu können, ob die am Markt bezahlten Risikoprämien auch eine hinreichende Kompensation für das eingegangene Risiko darstellen. Nur wenn dies der Fall ist, investieren wir.

Die Aktienmärkte zeigen sich vergleichsweise robust, mit Anleihen lässt sich wieder Geld verdienen, der Nullzins ist Geschichte.

Stefan Amenda, Leiter Equity & Multi Asset

Könnten Probleme vom Immobiliensektor ausgehen, weil die steigenden Zinsen die Finanzierung belasten?

Die höheren Zinsen wirken sich natürlich über die höheren Finanzierungskosten auf den Immobiliensektor aus. Die Korrektur dürfte noch nicht abgeschlossen sein. Und nicht alle privaten Bauherren eigengenutzter Immobilien dürften ihre Finanzierung durchhalten können.

Aber sehen wir nicht dramatische Ansteckungseffekte im Bankensektor? Wie ist Ihre Einschätzung dazu?

In der Finanzkrise 2008/2009 waren US-Banken mit vielen gleichartigen Risiken im Wohnungssektor konfrontiert, die in Summe eine zu starke Belastung darstellten. In Deutschland hingegen finanzieren Banken Immobilien konservativ. Entsprechend sind die Puffer großzügig, und die absehbaren Anpassungen sollten gut verdaubar bleiben. Für Eigenheimkäufer ist der Zinsanstieg im Einzelfall dramatisch, Fehlkalkulationen sind schmerzhaft. Ein systemrelevantes Ereignis sehen wir aber nicht.

Wie können sich private Anleger im derzeitigen Umfeld positionieren?

Was wir aktuell sehen: Viele Anleger sind – ungeachtet möglicher krisenhafter Zuspitzungen – offenbar der Meinung, dass die Regierungen und Zentralbanken das Geschehen an den Finanzmärkten ganz gut im Griff haben. Die Aktienmärkte zeigen sich vergleichsweise robust, mit Anleihen lässt sich wieder Geld verdienen, der Nullzins ist Geschichte. Anleger, die sich heute fragen, wo sie ihr Geld investieren, haben meist ein ordentliches Guthaben auf ihrem unverzinslichen Girokonto. Hier sehe ich Handlungsbedarf.

Was bedeutet das konkret für die Anleger?

Je nach Anlagehorizont und Chance-/Risikoneigung stehen unterschiedliche ERGO Vermögensmanagementfonds sowie weitere MEAG Misch- und Aktienfonds zur Auswahl, die auf lange Sicht in aller Regel eine positive Verzinsung des eingesetzten Kapitals bringen sollten. Je nach Markt- und Lebenssituation kann das angelegte Vermögen aber auch börsentäglich verkauft werden. Eine langfristig ausgerichtete Investmentanlage bietet dem Anleger in allen Lebenslagen viele Vorteile.