Dauerthema Zölle - Interview mit Stefan Amenda

Dauerthema Zölle.

Dauerthema Zölle.

Stefan Amenda, Leiter Aktien & Multi Asset

Das Thema Zölle lässt die Kapitalmärkte nicht los. Und uns damit auch nicht. Warum das so ist und was das bedeutet, dazu berichtet Stefan Amenda, Leiter Aktien und Multi Asset MEAG.

Europa hat einen Zollsatz von 15% mit den USA ausgehandelt. Ist das für Deutschland verkraftbar? 

Zum einen findet der Außenhandel Deutschlands vor allem mit Europa statt, zu etwa 50%, und mit USA und China zusammen nur zu 20%. Entsprechend ist die Bedeutung insgesamt für Europa nicht so hoch, wie es bisweilen den Anschein hat. Allerdings sind manche Branchen, zum Beispiel die Automobilindustrie, von dem Zollthema besonders betroffen. Vom amerikanischen Konsumenten kann ein deutsches Auto leicht durch ein Auto anderer Herkunft ersetzt werden. Kurzfristig dürfte der Zollsatz die Margen der deutschen Hersteller drücken und der Preisschub bei deutschen Autos auf dem US-Markt sollte sich in Grenzen halten. Die Herausforderungen für die Autoindustrie, von der wirtschaftlich viel abhängt in Deutschland, sind noch einmal gewachsen. 

Zölle sind zu einem Dauerthema geworden. Woran liegt das? 

Das liegt in erster Linie daran, dass die US-Administration das Thema Zölle immer wieder hochhebt. Auch eine Vereinbarung heißt noch lange nicht, dass das Thema dann vom Tisch ist. Überspitzt gesagt, müssen wir fast jeden Tag damit rechnen, dass die US-Administration ihre Haltung ändert und neue Forderungen stellt. Für die Europäer ist das Zollthema auch deswegen unangenehm, weil es mit anderen politischen Themen verknüpft wird, vor allem der Sicherheitspartnerschaft. Entsprechend ungünstig ist die Verhandlungsposition Europas mit den USA. Denn solange Europa nicht selbst für Verteidigungsbereitschaft sorgen kann, wird Europa kaum etwas anderes übrig bleiben, als Zugeständnisse zu machen – ohne die Möglichkeit, selbst große Forderungen zu stellen. 

Das Überraschungspotenzial für einzelne Titel und Branchen ist vergleichsweise hoch. 

Was heißt das für die Kapitalmärkte? 

Die Zölle für sich genommen belasten die internationalen Wirtschaftsbeziehungen und den Außenhandel. Fast noch schlimmer aber ist die damit zusammenhängende Unsicherheit. Investitionsentscheidungen werden auf Grundlage von Annahmen und Fakten getroffen. Wenn diese aber kaum verlässlich eingeschätzt werden können, dann unterbleiben sie. Im Ergebnis bedeutet dies ein schwächeres Wirtschaftswachstum, als es sonst möglich gewesen wäre. Das ist für Deutschland besonders ungünstig, weil der Wirtschaftsentwicklung ohnehin der Schwung fehlt. Wir bräuchten dringend belebende Impulse. Für die Anleger besteht allerdings kein dringender Handlungsbedarf, weil diese wirtschaftlichen und auch geopolitischen Unsicherheiten bereits weitestgehend in den Kursen verarbeitet sind. Aber: Das Überraschungspotenzial für einzelne Titel und Branchen ist vergleichsweise hoch. Deswegen ist eine breit gestreute und gut gemischte Kapitalanlage in Investmentfonds grundsätzlich empfehlenswert. So werden einzelne Risiken gut von der Substanz der breiten Anlage aufgefangen. Diese sogenannte Risikodiversifizierung der Fondsanlage kann sich für den Anleger jetzt besonders auszahlen.