"Wandel zu finanzieren erfordert Erfahrung, Augenmaß und umfangreiches technisches Know-how.“

Fixed Income, Immobilien, Künstliche Intelligenz und Infrastruktur – auch in der 10. Ausgabe unseres Newsletters erwartet Sie ein breites und interessantes Potpourri an Themen, bei denen wir Sie wieder tief in unsere Maschinenräume entführen.
Darüber hinaus freut es mich sehr, dass wir zum ViEW zahlreiche positive Rückmeldungen und Resonanz erhalten. Haben auch Sie Anregungen oder Themenwünsche? Schreiben Sie uns gerne unter view@meag.com.
Ich wünsche Ihnen wieder spannende „ViEWs“!
Ihr Frank Becker
Weltweit die Nummer eins
Trotz digitaler Alternativen bieten Messen unersetzliche Plattformen für Networking, Produktpräsentation und Wissensaustausch, gerade im B2B-Bereich. Deutschland ist mit gut 70 Messeplätzen zwischen Husum und Friedrichshafen sowie Leipzig und Essen die Heimat der Messen. Zudem befinden sich hier auch vier der zehn weltgrößten Messegelände.
In den nächsten Wochen steht München im Fokus:
Die Welt versammelt sich zunächst auf dem Oktoberfest (16.9. bis 3.10.), gefolgt von der EXPO REAL (4. bis 6.10.).
Wir freuen uns auf Sie an Stand A1.320!
Quelle: AUMA-Trends 2023/2024
Mehr Eigenverantwortung

Die ersten 20 Jahre des neuen Jahrtausends sahen drei schwere Krisen: Das Platzen der Dot.Com Bubble, die Subprime-Krise und die Corona-Krise. Eine nach der anderen erhob den Anspruch, die größte Krise seit der großen Depression zu sein. Verbunden damit war ein Mechanismus des beispiellosen Gegensteuerns der Wirtschaftspolitik. Geld- und Fiskalpolitik wurden so expansiv gefahren, als gäbe es kein Morgen.
Die Rückkehr der Inflation seit 2022 hat die Notenbanken der westlichen Welt dazu gezwungen, sich wieder auf ihre Kernaufgabe zu konzentrieren: das Wiederherstellen der Preisstabilität. Dies führte dazu, dass der sogenannte „Notenbank-Put“, der gleichgesetzt wurde mit schnellen, starken Zinssenkungen bei jeder (Finanz-)Krise, de facto verloren ging, oder zumindest seine Absicherungsfunktion erst bei größeren systemischen Risiken, Stichwort Silicon Valley Bank, entfaltet. Die Fiskalpolitik zeigte sich davon zunächst unberührt, Staatsausgaben wurden deutlich weiter gesteigert, zum Beispiel um die Energiebelastungen aus der Ukraine-Krise für Unternehmen und Haushalte zu vermindern oder das „Reshoring“ wichtiger Lieferketten zu incentivieren.
Das Ausmaß der fiskalischen Expansion ist nicht aufrechtzuerhalten
Aber auch hier ist abzusehen, dass der Bewegungsspielraum der Staaten geringer werden wird. Der erste Effekt höherer Inflation auf die Verschuldungsquoten ist üblicherweise sogar positiv, weil Verbrauchssteuern inflationsbedingt anwachsen und der Nenner in der Verschuldungsquote, das nominale Bruttoinlandsprodukt, durch die Preissteigerungen ebenfalls schneller wächst. Dieser Effekt währt allerdings nicht ewig, und diese Periode nähert sich nun dem Ende: Die höheren Zinsen auf die gestiegene Verschuldung schlagen jetzt verstärkt durch, also werden die Zinslasten sukzessive steigen, die ökonomischen Exzesse der Vergangenheit offenlegen und damit auch den Spielraum für eine beliebig expansive Fiskalpolitik einschränken.
Nehmen wir als Beispiel die größte Volkswirtschaft der Welt, die USA. Die Verschuldungsquote des Staates relativ zum Sozialprodukt in der Abgrenzung der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) hat sich von 2000 auf 2022 mehr als verdoppelt, von einer Quote von 51 Prozent auf über 103 Prozent, das Congressional Budget Office weist in seiner Abgrenzung (Federal Debt held by the Public) sogar einen Anstieg von 34 auf 98 Prozent auf.
Aber noch dramatischer: Das Ausgabeverhalten der Regierung Biden hat uns in den letzten zwölf Monaten eine Verschuldungsdynamik geliefert, die nahezu beispiellos und seit den 50er Jahren nur mit der Entwicklung nach der Subprime/Lehman-Krise und dem ersten Corona-Jahr vergleichbar ist – aber ohne, dass die Wirtschaft in den letzten zwölf Monaten in eine Rezession gefallen wäre.
US Federal Government Budgetdefizit*
rollierende 12M-Summe in % des BIPs
* Quartalsendwerte dividiert durch nom. BIP / Quelle: MEAG Research, LSEG Datastream
Gewürzt mit der extremen Polarisierung im Parteienspektrum der USA spricht dies dafür, dass die Haushaltverhandlungen im Herbst schwierig werden. Langfristig kann diese Defizitdynamik so auf jeden Fall nicht weitergehen. Ähnliches sollte für die EU und die nationalen europäischen Länderhaushalte gelten. Damit sollte nach dem Notenbank-Put auch der „Fiskal-Put“ eine immer geringere Absicherungsfunktion entfalten, denn Staaten werden ihr exzessives Ausgabeverhalten so nicht weiterbetreiben können.
Schwierigere Zeiten voraus? Einerseits ja. Andererseits aber sehe ich auch eine Menge an Chancen. Der Staat ist nun mal kein Innovationsspitzenreiter und staatliche Aktivitäten sind nicht dafür bekannt, sich nur an Effizienz und Profitabilität auszurichten. Weniger Staat kann für private Kapitalanlage mittelfristig auch Chancen eröffnen. Denn mehr Eigenverantwortung ist gut. Ein Staat, der mehr auf den Erfolg der privaten Wirtschaft angewiesen ist, muss sich auch wieder stärker um eine Verbesserung von Angebotsbedingungen kümmern oder Anreize für gemeinsame Projekte schaffen. Wenn das Füllhorn des Staates weniger voll ist, wird im allgemeinen privates Know-how besser entlohnt. Hinzu kommt: Nachdem die Niedrigzinsphase vorbei ist, ist eine gemäßigtere Emissionstätigkeit des Staates essenziell, um den Boden für längerfristig wieder sinkende Zinsen zu bereiten.
Zinsstruktur-Kurvendiskussion
Im aktuellen Kapitalmarktumfeld sind viele Besonderheiten zu beobachten, allen voran eine inverse Zinsstrukturkurve. Diese ist zwar durch Konjunktur und Notenbankpolitik zu begründen, stellt jedoch eine gewisse Anomalie dar. Denn je länger man ins Risiko geht, desto mehr Rendite sollte man dafür normalerweise erhalten. Daher ist eine steil geformte Zinsstrukturkurve auch die „Normalität“.
Beim Blick auf die momentane Swap-Kurve fallen drei Besonderheiten auf: Erstens ist die Kurve im Laufzeitenbereich bis zu circa 5 Jahren sehr invers, zweitens ist sie im Bereich zwischen 5 und 15 Jahren relativ flach und drittens wird sie am ganz langen Ende wiederum deutlich inverser.
Dies könnte noch eine Zeitlang so anhalten – vielleicht sogar noch ein paar Jahre – aber irgendwann wird sie sich wieder einem steileren Verlauf annähern. Investoren, die sich in ein solches Szenario hinein positionieren möchten, sollten sich rechtzeitig mit einem besonderen Instrument vertraut machen:
Steepener Bond
Welche Eigenschaften kennzeichnen ihn? Für einige unserer Kunden haben wir beispielweise folgende Struktur gewählt: Der Bond eines namhaften Emittenten hat eine Laufzeit von 15 Jahren. Da die Inversität der Zinsstrukturkurve noch einige Zeit anhalten könnte, haben wir für die ersten vier Jahre einen festen Kupon von 4,00 Prozent vereinbart. Für die darauffolgenden 11 Jahre wird jedes Jahr im Voraus die Differenz zwischen dem 30-jährigen Swap-Satz und dem 5-jährigen Swap-Satz (30 minus 5) berechnet und diese Differenz mit dem Faktor 11,75 multipliziert. Sprich, je steiler die Zinskurve, desto attraktiver die Rendite. Beträgt die Differenz zum Beispiel 80 Basispunkte, ergibt sich daraus ein Kupon für die anstehende Zinsperiode von 9,40 Prozent.
Diese Struktur ist mit einem Minimum (Floor) von 0,00 Prozent und einer Obergrenze (Cap) von 11,75 Prozent versehen. Darüber hinaus besitzt der Investor das 3-malige Recht, den strukturierten Kupon für eine oder mehrere Zinsperioden in einen Festkupon oder in einen variablen Kupon anhand der Marktbedingungen zu wandeln. Vielleicht ist dieses Instrument ja auch für Ihre Überlegungen interessant. Unsere Kollegen nutzen übrigens ihre langjährigen Emittentenkontakte, um für solche Anleihen individuelle Parameter auszuhandeln und gewünschte Portfoliostrukturen zu erzeugen. Ein Aspekt des aktiven Managements, der gern unterschätzt wird.
Ein Espresso mit …
Tim Deemann, Institutional Clients im Gespräch mit Ansgar Pütz, Research zu KI

TD: Das Thema „Künstliche Intelligenz“ bewegt derzeit sowohl die Gemüter als auch die Börsenkurse. Was genau versteht man unter KI?
AP: Im Kern bezeichnet der Begriff statistische Methoden, bei denen man nicht eine vorher aufgestellte Vermutung bestätigt oder falsifiziert, sondern bei denen man neue Muster aus vielen Daten herausfiltert, an die man vorher nicht gedacht hat. Wir versuchen durch den „Hype“
durchzusehen und konzentrieren uns auf das, was unsere Arbeit verbessern könnte.
TD: Aber ist das dann nicht ein reines „DataMining“? Wie sind Ihre Erfahrungen damit?
AP: Es geht auf jeden Fall in die Richtung. Früher hatte
der Begriff eher eine negative Konnotation, dies hat sich im AI-Kontext gewandelt und wird stärker als Mittel zur „Knowledge Discovery“ gesehen. Dennoch bleiben wir vorsichtig bei der Verwendung der Ergebnisse. In unserem Team legen wir großen Wert darauf, dass wir alle Berechnungsschritte verstehen und die quantitativen Methoden möglichst eng mit der ökonomischen Marktsicht verbinden. Wir wollen die Kontrolle darüber behalten, was passiert. Das betrifft die Modellformulierung genauso wie das Sourcing und die Transformation von Daten, Coding und Backtests.
TD: Welche Methoden verwenden Sie konkret?
AP: Vor allem Machine Learning. Jeden Tag kommt eine Flut neuer Daten, aus denen man sich ein Bild über die Entwicklung der einzelnen Märkte macht. Das sind sehr viele Details, die man einordnen muss. KI-Tools können uns helfen, hier ein Gesamtbild zu bekommen, in das wirklich alle diese Daten eingehen, nicht nur die, über die man gerade diskutiert und die in das bestehende Bild passen. Das ermöglicht dann einen zweiten Blick auf die Einschätzung, die man sich als Experte bildet. Relativ neu sind Tools für „generative AI“, das bekannteste davon ist sicher ChatGPT. Diese können als interaktives Recherchetool nützlich sein, wenn man informiert genug fragt.
TD: Was erwarten Sie für die Zukunft?
AP: Die KI-Methoden selbst werden immer leichter verfügbar und bald so einfach durchzuführen sein wie eine lineare Regression, die man noch aus dem Studium kennt. Aber Tools alleine sind noch keine Analyse. Die Kunst wird sein, die richtigen Fragen zu stellen.
Infrastructure Debt im aktuellen Zinsumfeld
Institutionelle Investoren werden bei der Finanzierung moderner Infrastruktur und dem Ausbau nachhaltiger Energien stärker gebraucht denn je. Infrastructure Debt profitiert von interessanten Anlagethemen, attraktiven Renditen und hoher gesellschaftlicher Akzeptanz. Die MEAG gehört in dieser Assetklasse zu den führenden Häusern Europas. Nach zwei bereits erfolgreichen Fonds wurde nun der MEAG Infrastructure Debt Fund III zur Zeichnung aufgelegt. Über die Chancen und Risiken der Assetklasse im aktuellen Kapitalmarktumfeld spricht Julia Reher, Leiterin Institutioneller Vertrieb, mit Sandra Rother, Head of Infrastructure Debt Asset Management und Benjamin Hemming, Head of Illiquid Assets Debt.
JR: Was bedeutet die Assetklasse „Infrastruktur“ für euch?
BH: Sie ist die Basis für das Funktionieren von Realwirtschaft und Gesellschaft. Kein Unternehmen könnte ohne sie wachsen, liefern oder nachhaltig wirtschaften. Und der Staat könnte die Grundbedürfnisse der Menschen nicht garantieren, das Zusammenleben nicht organisieren.
JR: Wie groß schätzt ihr den Investitionsbedarf in Deutschland?
BH: Aus heutiger Sicht schätzen wir das benötigte Finanzierungs-volumen für Eigen- und Fremdkapital viermal über dem, was bislang im Infrastrukturbereich investiert wurde. Antrieb hierfür ist natürlich auch das Erreichen der Klimaziele. Allein bei deutschen Stromnetzbetreibern liegt der zukünftige Bedarf an Investitionsmitteln im dreistelligen Milliardenbereich.
JR: Enorme Summen. Infrastrukturfinanzierungen passen aufgrund ihrer langen Duration und geringer Korrelation zu traditionellen Assetklassen perfekt zum Anforderungsprofil institutio-neller Investoren. Im aktuellen Kapitalmarktumfeld können darüber hinaus sehr attraktive Renditen gesichert werden.
SR: Die Kreditmargen für Investment Grade-Qualität liegen derzeit zwischen 200 und 300 Basispunkten, sie sind also sehr attraktiv, verglichen mit entsprechenden Unternehmensanleihen. Die Laufzeit der Finanzierungen beträgt im Schnitt etwa 15 Jahre, abhängig vom jeweiligen Segment. Derzeit lässt sich bei Infrastructure Debt im Investment Grade-Bereich eine Rendite von etwa sechs Prozent erzielen. In Kombination mit den langen Durationen ist das für institutionelle Investoren ein attraktives Paket. Gerade im aktuellen Marktumfeld hat Infrastruktur darüber hinaus weitere Eigenschaften wie Planbarkeit, Verlässlichkeit, Sicherheit und niedrige Korrelation zu den anderen Assetklassen bewiesen.
JR: Aufgrund der hohen Nachfrage nach Infrastrukturinvestitionen seitens institutioneller Investoren könnte ich mir vorstellen, dass der Markt stark umkämpft ist. Wie setzt ihr euch gegen andere Wettbewerber durch?
BH: Die MEAG zählt seit vielen Jahren zu den größten Akteuren auf dem europäischen Infrastrukturmarkt. Unsere starke Marktdurchdringung, basierend auf Kompetenz, Lieferfähigkeit, und hohen Investitionsvolumina, macht uns für unser breites Netzwerk zum idealen Partner, mit dem man erfolgreich und verlässlich auch herausfordernde Projekte umsetzen kann. Zum Netzwerk zählen wir unter anderem öffentliche Stellen, aber auch unterschiedlichste Equity-Sponsoren und Finanzierungsberater. Nicht zu unterschätzen sind auch die Kontakte, die wir über Munich Re knüpfen können.
JR: Wo seht ihr im Markt derzeit den größten Bedarf an Finanzierungen?
BH: Definitiv im Segment „Transition“, worunter verschiedenste Projekte rund um die Themen „Energieeffizienz“ und „Speicherung“ fallen, aber natürlich auch bei Windkraft und Solar. Also Bereiche, die auf Megatrends wie die Dekarbonisierung einzahlen. Darüber hinaus sind wir sehr aktiv bei Elektrifizierung, zum Beispiel im Segment „Rail und ÖPNV“, da hier innovative Finanzierungsstrukturen gefragt sind, die Banken nicht liefern können.
Auch die Kreislaufwirtschaft bietet interessante Projekte und enorme technologische Fortschritte. Clean Tech ist ebenfalls ein spannendes Thema. Derzeit weisen noch sehr wenige Projekte in den letztgenannten Segmenten Ratings im Investment Grade-Bereich auf. Das illustriert die Risiken, die aktuell noch in vielen Geschäftsmodellen stecken. Wir sehen aber immer häufiger Projekte, die das Potenzial haben, in den BBB-Bereich aufzusteigen. Wandel zu finanzieren erfordert Erfahrung, Augenmaß und umfangreiches technisches Know-how, wobei wir die langjährige Expertise in der Gruppe nutzen können.
JR: Welche Besonderheiten weist das Management von Infrastructure Debt-Portfolios auf?
SR: Der Buy & Hold-Charakter dieser Assets bringt Stabilität – vorausgesetzt man versteht sein Handwerk bei der Auswahl und der Due Diligence. Wir analysieren vorab, welche speziellen Risiken während der Laufzeit entstehen können, monitoren diese und integrieren sie in unser Modell. So können wir zum Beispiel bereits in der Struktur einer Finanzierung Liquiditätspuffer für Risiken bilden.
Natürlich müssen die Projekte auch während ihrer Laufzeit aktiv begleitet werden. Wir schauen nicht nur genau hin, sondern wir sehen uns als Partner unserer Kreditnehmer, denen wir das Know-how unserer Gruppe zur Verfügung stellen. Wir stellen also eine große Nähe zu den Assets her.
JR: Kommt beim Thema „Due Diligence“ die Munich Re mit ins Spiel?
SR: Ja, wir nutzen hierbei sehr stark die besondere Kompetenz des Konzerns, sei es bei der Beurteilung von neuen Verfahren, der Berücksichtigung von Klimarisiken oder der Einschätzung technischer Komponenten, zum Beispiel bei Windparks. Dies sehen wir als Qualitäts- und Alleinstellungsmerkmal.
JR: Infrastrukturanlagen haben sich in Stresssituationen wie Staatenkrisen, Covid, dem Ukraine-Konflikt oder Zins- und Inflationsschocks als sehr solide erwiesen. Wo seht ihr die Risiken dieser Assetklasse?
BH: Natürlich besteht die Gefahr, auf die falschen Technologien oder Projekte zu setzen. Wir glauben aber, dass wir mit der Kompetenz, die MEAG und Munich Re aufgebaut haben, sehr gut aufgestellt sind. Auch Bau- und Fertigstellungsrisiken haben wir im Blick, hier sorgen wir sowohl mit vertraglichen Regelungen als auch mit Puffern in robusten Geschäftsplänen vor. Die größere Unsicherheit sehe ich bei längerfristigen Umfeldveränderungen, zum Beispiel im Bereich der Strompreise. Auch das Eingreifen von Regulatoren oder anderen staatlichen Einrichtungen kann erheblichen Einfluss auf die Rentabilität von Infrastrukturprojekten haben. Aus unserer Sicht sind Qualität und Umfang von Stresstests im Rahmen von Due Diligence und Monitoring entscheidend, um diese Risiken frühzeitig erkennen, modellieren und managen zu können.
JR: Infrastrukturfinanzierungen bieten regulierten Anlegern unter Solvency II attraktivere Eigenkapitalanforderungen als zum Beispiel herkömmliche Unternehmensanleihen mit gleichem Rating. Welche Anforderungen ergeben sich hieraus an die Auswahl der Finanzierungen?
BH: Unser Fokus liegt auf stabilen Cash Flows. Die Projekte unserer Kreditnehmer sollten also solide Abnehmer für ihre Leistungen haben. Daher unterwerfen wir die Cash Flows sehr umfangreichen Stresstests. Diese beinhalten eine Vielzahl unterschiedlicher Parameter. Bei einer Straße oder einem Hafen könnte hierzu das Verkehrsaufkommen zählen, bei einem Wind- oder Solarpark die Strompreise, die Laufzeit der Verträge und die Bonität des Abnehmers.
JR: Stichwort Infrastruktur und ESG – das passt, oder?
SR: Ein weites Feld. Es gibt kaum ein Segment, das nicht auf Nachhaltigkeitsthemen einzahlt. Am deutlichsten wird dies bei der Energiewende in Europa, besonders bei Windkraft und Solar. Aber auch der Bereich der sozialen Infrastruktur und die Elektrifizierung des Transportwesens spielen eine wichtige Rolle. Und natürlich ist die Berücksichtigung vielfältiger ESG-Kriterien ein wesentlicher Aspekt für uns im Rahmen der Due Diligence.
JR: Und was sind die größten Herausforderungen für euch im Hinblick auf Nachhaltigkeitsanforderungen?
SR: Datenbeschaffung und -verarbeitung. Wir reden hier über Projekte, bei denen man ESG-relevante Daten nicht einfach extern einkaufen kann. Seit einigen Jahren haben wir daher sukzessive ein völlig neues Set an Kennzahlen entwickelt. Diese wenden wir einzelfallbasiert an und versuchen sie insoweit bei allen Investitionen zu erheben. Bei den etwas älteren Finanzierungen bestanden hierzu natürlich keinerlei Berichtspflichten, die konnten wir aber nachträglich mit Hilfe unserer Partner vereinbaren. Angesichts der eher schlank aufgestellten Projektgesellschaften haben wir allen Beteiligten hier einiges abverlangt. Im Neugeschäft streben wir an, die Lieferung dieser Daten – und dabei gibt es eine enorme Bandbreite – in den Kreditverträgen zu verankern.
Ein ergänzender Hinweis: Neben unseren Fonds sind wir für institutionelle Kunden auch noch im Rahmen von individuellen Mandaten tätig. Bei diesen schlagen alle Anforderungen durch, die unsere Investoren aufgrund ihrer eigenen, teils internationalen Berichtspflichten zu erfüllen haben. Man muss ordentlich sortiert sein und ein tiefes Verständnis für die Anforderungen der Kunden haben, sonst wird es schwierig. Wir glauben, dass wir hier über einen weiteren Wettbewerbsvorteil verfügen. Der MEAG Infrastructure Debt Fund III wird nach Artikel 8 SFDR offenlegen.
Immobilienfinanzierungen
Der jüngste, starke Anstieg der Kapitalmarktzinsen hat zu erheblichen Preiskorrekturen an den weltweiten Immobilienmärkten geführt. Dies wiederum hat Auswirkungen auf die Besicherung von Fixed Income-Instrumenten, die zur Finanzierung genutzt werden. Hierbei sind große regionale Unterschiede hinsichtlich deren Struktur und Betroffenheit zu verzeichnen. Auch die Zinsbindungsdauer in den jeweiligen Märkten unterscheidet sich stark. Ein Umstand, der übrigens nicht nur relevant für die Refinanzierung einzelner Schuldner und die Beurteilung von Anlagerisiken, sondern auch für die Wirksamkeit der lokalen Zentralbankpolitik ist. Nachstehend haben wir uns die aktuelle Situation in Europa, Nordamerika und China angeschaut.
Die Mehrzahl der europäischen Immobilienmärkte ist zwar von fallenden Preisen und extrem niedrigen Transaktionsvolumina gekennzeichnet, wird aber weiterhin von robusten Arbeitsmärkten, ausgabefreudigen Konsumenten und langfristigen Finanzierungen gestützt. Im Fokus stehen daher Märkte mit kurzer Duration und hohem anstehenden Refinanzierungsbedarf. Dabei fallen vor allem die skandinavischen Märkte, aber auch ein Teil der westeuropäischen Länder wie zum Beispiel Spanien negativ auf. Italien als vermeintlich schwächster Markt in der Eurozone dagegen wirkt angesichts einer hohen Eigentümerquote sowie mittel- bis langfristiger Zinsbindung deutlich stabiler als es die Risikoaufschläge für lokale Hypothekendarlehen auf den ersten Blick vermuten lassen.
Der deutsche Markt nimmt aufgrund regulatorischer Entwicklungen eine gesonderte Rolle ein. Auf der einen Seite ist der lokale Markt gut unterstützt: Ein äußerst robuster Arbeitsmarkt, der angesichts des demografischen Wandels auch in Zukunft gute Beschäftigungsaussichten verspricht, langfristige Zinsbindungen sowie eine strukturelle Unterversorgung einer auch durch Zuwanderung wachsenden Bevölkerung signalisiert guten Werterhalt trotz der stark gestiegenen Finanzierungszinsen. Auf der anderen Seite jedoch stehen unter anderem die Regulierung von Mieterhöhungen sowie das Gebäudeenergiegesetz, welches die Renovierungskosten für den Großteil deutscher Bestandsimmobilien stark ansteigen lässt.
Europäische Hypothekendarlehen, die gebündelt als Pfandbriefe oder als Asset Backed Securities handelbar sind, erscheinen aufgrund ihrer hohen Übersicherung, weitestgehend standardisierter Strukturierungsvorgaben sowie strikter Monitoringpflichten zu einem guten Teil von diesen Entwicklungen gut geschützt. Angesichts attraktiver Bewertungen stehen dementsprechend die Chancen gut, mit diesen Papieren positive Renditen erzielen zu können.
Kritischer sind spezielle Finanzierungen von Mietwohnungen zu sehen, sogenannte „Buy to Let Mortgages“, die oft eine höhere Beleihung aufweisen. Hier wirkt sich ein Anstieg der Finanzierungskosten unmittelbar aus, weil die erzielbaren Mieten nicht kurzfristig anpassbar sind. Es wird interessant sein, zu beobachten, wie sich Banken und andere Gläubiger nun verhalten werden, da sie kein Interesse daran haben können, die Sicherheiten im jetzigen Umfeld auf die eigenen Bücher nehmen zu müssen.
In den USA hat man aus der Subprime-Krise gelernt und nicht nur die Qualität und Rahmenbedingungen von Immobilienkrediten verbessert, sondern auch die Phase niedriger Zinsen genutzt, um die durchschnittlichen Laufzeiten von Finanzierungen deutlich zu verlängern. Die Märkte für Verbriefungen von Wohn- (RMBS) bzw. Geschäftsimmobilien (CMBS) zeigen sich nach wie vor robust, aber nicht immun gegenüber der restriktiven Geldpolitik der Fed. Nicht überraschend ist auf diesem Niveau ein deutlicher Rückgang vorzeitiger Rückzahlungen und damit einhergehend eine Verlängerung der Durationen, da die Schuldner sich mit erheblich verteuerten Refinanzierungssätzen konfrontiert sehen.
Paradoxerweise entstehen im Markt Opportunitäten durch Bewertungsveränderungen, die auf sinkende implizite Optionskosten für frühe Tilgungen zurückzuführen sind. CMBS gerieten wegen eines eher zyklischen Abschwungs im Büro- und Geschäftssegment unter Druck, der durch steigende Refinanzierungskosten und der Unsicherheit hinsichtlich der Kreditvergabepolitik regionaler Banken verstärkt wird. Die in diesem Umfeld steigenden Spreads machen den Markt allerdings auch für Investoren wieder attraktiver.
China lässt bereits seit Monaten aufhorchen, da einzelne große Immobiliengesellschaften in Zahlungsschwierigkeiten geraten sind. Besonders anfällig macht diesen Markt die Tatsache, dass Finanzierungen hier weitgehend aus Eigenkapital stammen. Der chinesische Immobilienmarkt, der für etwa ein Viertel des BIP steht und sich in der letzten Dekade als einer der Wachstumsmotoren der Gesamtwirtschaft erwiesen hat, ist in den letzten beiden Jahren mehr und mehr in den Fokus gerückt. Die Kombination aus einer langen Zero-Covid-Politik und einem durch den Regulator erzwungenen Deleveraging resultierte in Liquiditätsproblemen bei mehreren großen Immobilienentwicklern. Angesichts der hohen Abhängigkeit der Developer von einem konstanten Liquiditätsfluss aus Verkäufen schlagen nachlassenden Nachfrage, hohe unverkaufte Bestände und sinkende Immobilienpreise auf deren Bilanzen durch.
Ein weiteres sichtbares Zeichen für dieses schwierige Umfeld ist auch die Verschiebung von Landauktionen. Nach einer Stabilisierungsphase Anfang des Jahres spricht also vieles dafür, dass der Immobiliensektor sich wieder in einem deutlich schwierigeren Fahrwasser befindet. Hoffnung bereitete zuletzt die Sitzung des Politbüros am 23. Juli, das ein Bekenntnis zur Immobilie und gegen Spekulation abgab, was als Zeichen gewertet wird, dass der Staat einem funktionierenden Immobilienmarkt weiterhin hohe politische und gesamtwirtschaftliche Bedeutung zumisst.
Unser Börsen-Podcast Kapitalmarkt kompakt mit unseren erfahrenen Kapitalmarktexperten Dr. Jürgen Callies und Alexander Hauser:
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