Rückblick 2. Quartal 2025
Im zweiten Quartal 2025 sanken die Renditen von Staatsanleihen der Eurozone leicht, wobei Italien besonders stark profitierte. Die deutsche Bund-Kurve zeigte am langen Ende stabile bis leicht sinkende Renditen: 30-jährige Bundesanleihen notierten bei 3,10%, 10-jährige stiegen zum Quartalsende auf über 2,60%. Kurzläufer bewegten sich weitgehend seitwärts zwischen 1,70% und 1,90%. Die Spreads zu Bundesanleihen verengten sich überwiegend. Unter Spreads versteht man die Differenz zwischen der Rendite einer Anleihe und einer als sicher geltenden Referenzanleihe (z. B. Bundesanleihe). Ein kleinerer Spread bedeutet, dass Investoren weniger Risikoaufschlag verlangen. Italien wies mit 88 Basispunkten (Bp.) Risikoaufschlag gegenüber deutschen Bundesanleihen den höchsten Spread in der Eurozone auf. Ein Basispunkt entspricht 0,01 Prozentpunkten. 100 Bp. sind also 1 Prozentpunkt. Im Verlauf des Quartals verringerte sich dieser Abstand um 24,8 Bp.. Eine solche Verengung bedeutet, dass Investoren für italienische Staatsanleihen weniger Risikoaufschlag verlangen als zuvor, was als Zeichen gestiegenen Vertrauens in die Finanzlage des Landes gilt. Dennoch bleibt der Spread im Eurozonen-Vergleich weiterhin hoch. Auch Griechenland (–12,3 Bp.), Portugal (–7,2 Bp.) und Frankreich (-4 Bp.) sahen Rückgänge. Einzig Spaniens Spread blieb stabil bei 63,4 Basispunkten. Damit liegt Spanien nur knapp unter Griechenland und Frankreich, was auf eine veränderte Risikoeinschätzung hinweist. Insgesamt profitierten Peripherieländer von günstiger Marktstimmung und der EZB-Zinssenkung.
Die US-Renditen fielen zunächst auf 3,99 %, stiegen dann aber mit der Volatilität auf 4,11 % und pendelten sich bis Quartalsende bei 4,23 % ein. Die Märkte reagierten deutlich sensibler auf Zollthemen als auf geopolitische Risiken wie den kurzfristigen Konflikt zwischen Israel und Iran. Der MOVE-Index (Volatilitätsindex für US-Staatsanleihen) blieb moderat, was auf eine rasche Beruhigung der Zinsschwankungen hinweist. US-Kreditmärkte zeigten ein ähnliches Muster: Spreads stiegen nach dem Zollschock auf 111 Bp., fielen dann aber unter Vorkrisenniveau auf 79 Bp. zurück. Auch in Kanada verlief die Entwicklung ähnlich. Die Kreditvergabe war im April mit 105 Mrd. USD schwächer, erreichte jedoch im Mai ein Rekordhoch von 160 Mrd. USD. Strukturierte Finanzprodukte, die aus gebündelten Unternehmenskrediten bestehen (CLOs) entwickelten sich stabil und beendeten das Quartal 14 Bp. enger. Die US-Notenbank beließ die Leitzinsen bei 4,25–4,50 %, ebenso die Bank of Canada. Die Marktteilnehmer preisten wegen anhaltender Inflation und Zollfolgen weniger Zinssenkungen ein. Insgesamt blieb der Markt vom Nahostkonflikt weitgehend unbeeindruckt, während Zölle weiterhin als dominanter Markttreiber wirken.
Der europäische Kreditmarkt war im zweiten Quartal 2025 ebenfalls von hoher Volatilität geprägt, ausgelöst durch globale Handelskonflikte und makroökonomische Unsicherheiten. Die Investment-Grade-Spreads für Anleihen mit guter bis sehr guter Qualität weiteten sich zunächst stark aus, insbesondere in konjunktursensiblen Sektoren wie Autos und Industrie. Die EZB reagierte mit zwei Zinssenkungen auf 2,00%, was die Marktstimmung stabilisierte. Ab Mai kam es zu einer Erholung: Spreads engten sich wieder ein, der Primärmarkt zog an, insbesondere im Hochzins-Segment, gestützt durch hohe Nachfrage. Neuemissionen erreichten Rekordniveaus, unterstützt durch robuste Fundamentaldaten und positive Ratingtrends. Die geopolitische Eskalation im Nahen Osten hatte nur vorübergehende Auswirkungen. Die Bewertungen für Investment Grade erschienen zum Quartalsende anspruchsvoll, während Hochzinsanleihen weiterhin attraktives Renditepotenzial boten. Insgesamt zeigte sich der Markt trotz Unsicherheiten resilient, getragen von geldpolitischer Unterstützung, soliden Unternehmensdaten und starker Nachfrage.
Die Märkte für Schwellenländer waren zunächst ebenfalls von hoher Volatilität geprägt. Der „Liberation Day“ löste einen starken Anstieg der Spreads und einen Ausverkauf bei Aktien und langlaufenden USD-Anleihen aus. Danach folgte eine deutliche Erholung: Schwellenländeranleihen erlebten eine Spread-Einengung, getrieben von optimistischen Handelsgesprächen und starker Nachfrage im Hochzins-Segment. Anleihen in lokaler Währung profitierten von starken Währungskursen und hohen Realzinsen (Zinssätze nach Abzug der Inflation). In CEE, Südafrika und Lateinamerika führten politische Entwicklungen und geldpolitische Maßnahmen zu teils kräftigen Kursgewinnen. Die Spreads in USD und Euro-Anleihen sanken um 20 bzw. 15 Basispunkte. Insgesamt blieb das Marktumfeld trotz geopolitischer Risiken robust.
Ausblick – Rentenmärkte
Das MEAG Macro Research Team erhöhte im Mai die Wahrscheinlichkeit für das Basisszenario „Divergenzen“ auf 60 % und senkte die Rezessionswahrscheinlichkeit auf 30 %. „Divergenzen“ bedeutet, dass sich wirtschaftliche und geldpolitische Entwicklungen in den wichtigsten Regionen der Welt unterschiedlich entwickeln wie beispielsweise eine anhaltende Zinssenkungspolitik in der Eurozone bei gleichzeitigem Zinsstopp in den USA.Für die Eurozone wird 2025 ein schnellerer Rückgang der Inflation erwartet. Die EZB dürfte den Leitzins bis Jahresende um weitere 25 Bp. auf 1,75 % senken, ab 2026 sind wieder jährliche Anhebungen geplant. Das BIP-Wachstum wurde nach oben revidiert, gestützt durch das deutsche Konjunkturpaket. Geopolitische Risiken bleiben hoch, besonders durch den Nahostkonflikt, den Ukraine-Krieg und US-Zölle. Die Fragmentierung der Weltordnung dürfte zunehmen. In Frankreich wird ein hartes Ringen um das Haushaltsbudget im Herbst erwartet, mit politischen Risiken. Trotz der US-Zollpolitik wird mit moderateren Tarifen gerechnet, die Unsicherheit im Handelsumfeld bleibt jedoch hoch. Der Ölmarkt könnte durch neue Sanktionen unter Druck geraten, insbesondere bei einer Eskalation der Konflikte.
Das dritte Quartal 2025 beginnt angespannt: Der Israel-Iran-Konflikt verschärft die geopolitischen Risiken zusätzlich zum andauernden Ukraine-Krieg und den ungelösten US-Zollfragen. Die Nähe des Konflikts zu wichtigen Energiewegen erhöht das Inflationsrisiko. Obwohl die Märkte bislang ruhig reagierten, dürfte die Unsicherheit zunehmen. Die US-Wirtschaft zeigte im zweiten Quartal Erholungstendenzen, doch der Arbeitsmarkt schwächt sich ab. Neue Zölle und steigende Ölpreise dürften die Gesamtinflation wieder erhöhen, auch wenn die Kerninflation rückläufig ist. Die US-Zinskurve könnte sich weiter versteilern, getrieben durch fiskalische Belastungen und politische Unsicherheiten. In den Kreditmärkten bleiben fundamentale Daten stabil, doch das Potenzial für weitere Spread-Einengungen ist begrenzt. Für die zweite Jahreshälfte wird ein vorsichtiger geldpolitischer Kurs der Fed erwartet, während politische Unsicherheiten, insbesondere im Vorfeld der Ernennung des nächsten Fed-Vorsitzenden 2026, zunehmen.
Für EUR Investment Grade für Anleihen mit guter bis sehr guter Qualität bleibt die Risikoneigung neutral, gestützt durch stabile Fundamentaldaten, starke technische Faktoren und bereits enge Bewertungen. In EUR High Yield ist der Ausblick positiver, getragen von robuster Nachfrage und niedrigen Neuemissionsprämien. Die technischen Rahmenbedingungen im Sommer bleiben vermutlich unterstützend, während sich die Bewertungen voraussichtlich seitwärts bewegen. Fundamentaldaten zeigen ein gemischtes Bild: Unternehmenskennzahlen sind stabil, aber die Gewinnerwartungen für Q2 schwächeln. Handelskonflikte und globale Wachstumsunsicherheiten belasten den makroökonomischen Ausblick. Technische Faktoren sind aktuell der wichtigste Treiber, da weniger Neuemissionen bei stabiler Nachfrage erwartet werden Credit Default Swaps (CDS) erscheinen im Vergleich zu Kassa-Anleihen weiterhin attraktiv. Diese Derivate dienen Anlegern als Absicherung gegen das Risiko, dass ein Kreditnehmer seine Zahlungsverpflichtungen nicht erfüllen kann. Bewertungen bleiben jedoch ein begrenzender Faktor: Spreads sind eng, bieten aber im EUR gegenüber USD noch relative Attraktivität. Eine konstruktivere Einschätzung hängt von einer nachhaltigen Entspannung der Handelskonflikte und geopolitischen Risiken ab. Bis dahin bleibt der Ausblick vorsichtig.
Nach der Zoll-Unsicherheit haben sich die Spreads für Schwellenländeranleihen deutlich erholt und liegen nun am unteren Ende ihres historischen Korridors, was das Potenzial für eine weitere Spread-Einengung begrenzt. Die globale Wachstums- und Handelsperspektive bleibt herausfordernd. Schwellenländer profitieren vom schwächeren US-Dollar, sinkenden Rohstoffpreisen und moderater Inflation, was weiteren Spielraum für Zinssenkungen bietet. Währungen in Osteuropa und Lateinamerika mit hoher USD-Sensitivität könnten weiter aufwerten. Das globale Zinsumfeld wirkt stabiler, während die geopolitischen Risiken – insbesondere im Nahen Osten und Osteuropa – das Szenario-Spektrum erweitern. Der Trend starker Zuflüsse in Anleihen in lokaler Währung dürfte anhalten. Für Anleger kann dies interessante Renditechancen bieten, insbesondere zur Diversifikation gegenüber entwickelten Märkten.